Genuss von Single Malt

Man sagt nicht mehr "einen Whisky trinken", sondern "einen Malt genießen". Darin liegt viel mehr als nur eine sprachliche Nuance: Tatsächlich erkennt man darin die Entwicklung der Liebhaber in den letzten Jahren. So wie man gelernt hat, Speisen und Weine zu kombinieren, sorgfältig die besten Jahrgänge auszuwählen je nach dem Menu, zu dem sie gereicht werden sollen, so bereitet man sich vor, einen Malt zu verkosten. Es ist wie die Vorbereitung auf ein Ritual: Lange vorher denkt man nach über das, worauf man wirklich Lust hat, über wie viel Zeit man verfügt, an welchem Ort man zu Werke gehen wird ... anders ausgedrückt: Der Whisky ist eine Feinschmecker-Angelegenheit geworden, ein Objekt der Neugierde, des Stils und des Glücksgefühls.

Wie alle großen Genussmittel spricht der Malt alle unsere Sinne an: Das Auge, das die Tönung schätzt; den Tastsinn, der die Geschmeidigkeit, die Viskosität eines Whisky im Munde wertet. Den Geruchssinn, der die erdigen, fruchtigen oder würzigen Duftkomponenten errät. Das Gehör welches das Geräusch beim Entkorken und Eingießen genießt... Und schließlich, die höchste Lust, der Geschmackssinn, der mit dem Malt einen seiner beglückendsten Wege beschreitet...

In der Tat lässt sich sagen: In dem Maße, wie der Feinschmecker die Weine besser kennen lernte, so hat er sich auch dem Malt genähert, Stück für Stück die unzähligen Reichtümer dieser Welt entdeckend. Nach und nach schärfte sich sein Geschmack, wurde differenzierter. Er wählt heute im ganzen Spektrum der Geschmacksnuancen ausgefeiltere Aromen als früher. So wie er schwere oder gerbstoffreiche Weine beiseite ließ, erwartet er jetzt von einem Malt mehr als nur Kraft und Wärme. Er möchte den Geschmack an die Tages- und Jahreszeit, aber auch an seine augenblickliche Stimmung anpassen können. Sein Gaumen ist zu jenem wunderbaren Werkzeug geworden, das ihn befähigt, die subtilsten Nuancen zu schmecken. Keine Rede mehr davon, sich jetzt noch mit plumpen oder zumindest in der Komplexität mangelhaften Empfindungen zufriedenzugeben.

Ähnlich entwickelte sich die Geschichte des Geschmacks! Großmutters Kochkünste haben einer leichteren, feineren Küche Platz gemacht. Genauso bevorzugt der Malt - Liebhaber von heute andere Düfte, andere Geschmäcker als der von gestern. Er neigte ehedem zu starken, durchdringenden Eigenschaften, nun aber tendiert er mehr zu abgerundetem, opulentem, bequemerem Genuss, mit Vorlieben für erdige, aufgeblühte Düfte. Gerade diese Wandlungsfähigkeit ist ein treues Abbild des Malt selbst, darin liegt sein Charme. Vergleichbar einem großen Wein ist ein großer Whisky die Frucht vereinter Anstrengungen, fieberhaften Wartens, hartnäckiger Arbeit. Als handwerkliches Produkt muss er ständig den Tücken des Klimas, des Bodens... und des menschlichen Irrtums aus dem Wege gehen. Einen Whisky programmiert man nicht: man träumt ihn. Jedes mal ist es ein Wunder, aber niemals ein vorhersehbares. Und genießt man ihn nicht gerade darum mit Hingabe und Respekt?

Derlei Gedanken gingen also der Konzeption dieser Seiten voraus. Sie sollen unter dem Motto "Lebenskunst" das Tor zum Zauber des Malts öffnen. In Gedanken an berühmte Weggefährten und große Schöpfer eröffnet sich uns eine abwechslungsreiche und abenteuerliche Welt - eine Welt der Schönheit, der Harmonie und der Leidenschaft.

Wie alle großen Reisen - im Sinne von Entdeckungen, Bereicherungen und Entwicklung -, so könnte jene, die uns an die Grenzen der Welt des Malt führt, ins Unendliche fortgesetzt werden: Es würde sicher nicht am Stoff fehlen. Aber ich will vernünftig bleiben und die vorliegenden Seiten mit der Andacht eines letzten Schluckes eröffnen.

Dennoch will ich es nicht versäumen, respektvoll - um nicht zu sagen dankbar, ja freundschaftlich - all jene anzuführen die im Vorfeld meiner eigenen Arbeit pflanzen, bestellen, ernten, verarbeiten, maischen, destillieren, abfüllen ... kurz, diesen phantastischen Malt auf die Welt helfen, die dann unser Glück bedeuten. Ohne die Gewissenhaftigkeit, die Geschicklichkeit, manchmal auch den Mut der Malt Master und Independent Bottler gäbe es uns einfach nicht.

Auch jene will ich nicht vergessen, die seit Jahren die große Familie der Malt Freunde bilden - diese neugierigen und aufmerksamen Liebhaber, deren wahres Talent die Professionellen immer wieder anspornt, sich zu verbessern, sich stets zu erneuern.

Zum Schluss erlauben Sie mich, daran zu erinnern, dass ein solches Projekt - welches sich nur als Hommage an das Allerheiligste des Whisky verstehen lässt - niemals das Tageslicht erblickt hätte ohne eine beständige Zusammenarbeit, zu der alle gleich viel beigetragen haben. Die Abfüller sicherlich, aber auch wir alle, die wir uns darum bemüht haben, das, was sie uns anbieten, bestmöglich weiterzuvermitteln - das nämlich, was heute buchstäblich in unseren Adern fließt: der Sinn für höchste Qualität, für das Beste vom Besten. Für Single Malt Whisky.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 Quelle: Buch "The Malt Whisky File"